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Der Kaffeekonsum der Deutschen ist nicht zu stoppen – das überrascht erstmal nicht, immerhin gehört Kaffee nach wie vor zu den Lieblingsgetränken der Deutschen. Bevor wir unser Lieblingsgetränk allerdings erst einmal in der Tasse genießen können, legt die Kaffeebohne einen ziemlich langen Weg zurück. Ein wichtiger und entscheidender Schritt von der Bohne bis in die Tasse umfasst das Rösten von Rohkaffee. Dafür sind Kaffeeröster zuständig, die den Kaffeebohnen einem Veredelungsprozess unterziehen und somit die verschiedenen Aromen der Kaffeebohne freisetzen. In diesem Artikel stellen wir Ihnen den Beruf des Kaffeerösters genauer vor und erhalten dafür besondere Einblicke in die italienische Rösterei Mokaflor.

Nachhaltigkeit & Co.: neues Bewusstsein in der Kaffeewelt

Das Bewusstsein für guten Kaffeegenuss verändert sich, was wiederum einen deutlichen Anstieg von neuen Kaffeeröstereien mit sich bringt. Der Fokus liegt dabei besonders auf dem bewussteren Konsum – Stichworte wie Nachhaltigkeit, Fairness und Qualität nehmen einen immer höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft ein. Dieser Trend lässt sich besonders in der „Third Wave Coffee“ erkennen, der sogenannten dritten Kaffeerevolution. Diese Bewegung betrachtet mit größter Sorgfalt jeden Schritt der Kaffeebohne – vom Anbau über den Handel bis hin zum Rösten und der Zubereitung des Kaffees.

Diese Entwicklung ist auch im Land des Kaffees Italien erkennbar. Eleonora Bernini, Tochter von Firmenchef Andrea Bernini und Export Managerin der Familienrösterei Mokaflor, nimmt im gesamten Kaffeesektor eine positive Entwicklung in der Entstehung von immer neuen Kaffeeröstern und -röstereien wahr. Diese setzen vermehrt ihren Fokus auf Aspekte wie Qualität und Nachhaltigkeit. Somit tragen sie zu dem wachsenden Bewusstsein für hochwertigeren Kaffee in der Branche bei, von diesem der gesamte Kaffeesektor profitieren kann.

Wie wird man Kaffeeröster?

Deutschland zählt zu den größten Exporteuren von gerösteten und weiterverarbeiteten Kaffee in der ganzen Welt. Der Beruf des Kaffeerösters wird somit zu einem immer beliebteren Berufsfeld. Sie kommen zum Einsatz, um die Kaffeebohne mit all ihren Facetten in das perfekte Licht zu rücken und einen Teil ihrer fast 1.000 Aromen zu entlocken. Doch wie wird man eigentlich Kaffeeröster?

roesttrommel mit kaffeebohnen
Kaffeeröster entlocken den Kaffeebohnen einen Teil ihrer vielen Aromen. | Foto: Battlecreek Coffee Roasters

Der Weg in den Beruf des Kaffeerösters

Wenn man sich für den Beruf Kaffeeröster interessiert wird einem schnell bewusst: Den einen klassischen Ausbildungsweg gibt es nicht. Es gibt vielmehr verschiedene Wege den Beruf zu erlernen. Das war jedoch nicht immer so. Bis zu den siebziger Jahren war eine klassische, staatlich geregelte Ausbildung in dem Beruf durchaus möglich. Heutzutage finden sich jedoch andere Wege in den Beruf.

Oft beginnt die Leidenschaft rund um die kleine braune Bohne erst einmal als Hobby. Nicht selten werden in der heimischen Küche die ersten Versuche des Kaffeeröstens gewagt und sich mit der Zeit immer mehr Wissen und Fähigkeiten angeeignet. So wird die Grundlage für den Schritt in die Selbstständigkeit geschaffen und der Wunsch nach einem eigenen Betrieb greifbarer. Dieser Weg ist üblich, um im Kaffeesektor erfolgreich Fuß fassen und es mit einer Großzahl von Konkurrenten aufnehmen zu können. Hobby ist hier auch das entscheidende Stichwort, denn um vollständig in die Welt des Kaffeeröstens einzutauchen, bedarf es einer großen Portion Leidenschaft für Kaffee und allem, was mit der kleinen, braunen Bohne zu tun hat.

Seminare und Fortbildungen für Kaffeeröster

Mittlerweile werden durch verschiedene Institutionen diverse Seminare und Fortbildungen angeboten, die das nötige Kaffeewissen vermitteln, um eine klassische Ausbildung zu ersetzen.

Auch in Italien gestaltet sich die Laufbahn eines Kaffeerösters ähnlich zu dieser wie in Deutschland. Dort gibt es ebenfalls keinen klassischen Ausbildungsberuf. Verschiedene Seminare ermöglichen es, sich das nötige Kaffeewissen anzueignen. Dazu zählen staatlich anerkannte Kurse, wie beispielsweise von der Espresso-Academy, die 2009 von Mokaflor in Florenz gegründet wurde. Kaffeeexperten der Rösterei vermitteln dort ihr Fachwissen rund um Kaffee, Barista-Handwerk, Bar Management sowie die Kaffeeröstung. Bei den angebotenen Seminaren handelt es sich in der Regel um Tages-Kurse, an denen pro Tag ein bestimmtes Thema oder auch verschiedene Levels behandelt werden. In der Espresso-Academy wird zudem auch ein wöchentliches Programm angeboten, beispielsweise bei der Coffee Route. Hier lernen Kaffee-Wissbegierige innerhalb einer Woche alles über das Thema Kaffee von den Basics bis hin zur Latte Art. Die Preisspanne der Seminare liegt zwischen 100 bis 200 € pro Tag, je nach Seminar und Zertifizierung.

kaffee verkostung für kaffeeröster
Angehende Kaffeeröster können sich das Kaffeewissen bei Seminaren aneignen. | Foto: René Porter

Die Aufgaben eines Kaffeerösters

Das Rösten von Kaffee wird gerne mit kochen verglichen, denn wie beim Kochen kommt es auch beim Rösten sehr stark auf die Optik und die Sensorik an sowie auf den Mut, Neues zu probieren. Ähnlich verhält es sich bei Kaffee. Auch hier profitiert jede Röstung mit jeder dazu gewonnen Erfahrung. Dadurch können die eigenen Röstergebnisse mit der Zeit immer weiter verfeinert werden. Auch der Austausch mit Gleichgesinnten ist sehr hilfreich – in einem Netzwerk aus Röstern werden die eignen Fähigkeiten durch die verschiedenen Erfahrungen und Berichte von Fachkollegen optimiert. Angehende Röster werden oft durch eine Art Mentor begleitet. Auf diesem Weg erhält der angehende Kaffeeröster eine ganz besondere Perspektive in die Kaffeewelt und erlangt wertvolles Wissen direkt vom Fachmann.

Handwerk trifft auf Technik

Schon gewusst?

Die sogenannte Maillard-Reaktion ist besonders entscheidend für den Röstvorgang. Hier werden Aminosäuren und Zucker, die in der Kaffeebohne enthalten sind, in neuer Form zusammengesetzt. Durch diese Verbindung entsteht die Bräunung der Kaffeebohne und die Aromastoffe können sich entfalten.

Die Aufgabe des Rösters ist vor allem theoretisches Wissen mit praktischen Fähigkeiten zu kombinieren. So wird durch den Röstvorgang der Rohkaffee verdelt und die Geschmacksstoffe und Aromen, die wir am Kaffee so schätzen, entstehen. Um den Geschmack der Kaffeebohne vollständig zu ergründen, benötigen Kaffeeröster tiefgründiges Wissen über verschiedene Kaffeesorten, wie beispielsweise über ihre Anbauländer. Ebenso wichtig ist es, die verschiedenen Kaffeearten zu studieren und wie diese mit den verschiedenen Röstgraden am besten harmonisieren, um so ihr Aroma vollständig entfalten zu können.

Mit der Zeit entwickelt der Kaffeeröster ein Gefühl sowie einen fachmännischen Blick – anhand der Farbe und des Geruchs der Kaffeebohne – dafür, wann der Kaffee den perfekten Röstgrad erreicht hat. Dieser Röstgrad wird während des Vorgangs durch verschiedene Temperaturverläufe ermöglicht, indem die Bohnen während des Röstens für das beste Endergebnis zu unterschiedlichen Zeiten verschiedenen hohen Temperaturen ausgesetzt werden. Nur wenn die Röstdauer und die Temperatur durch den Kaffeeröster genau kontrolliert wird, kann sich das ganze Aroma des Kaffees vollständig entfalten. Dieser Prozess ist jedoch höchst komplex und bei einer Kette von verschiedenen Einzelreaktionen lässt sich dieser nur schwer zielgerichtet beeinflussen. Daher darf auch ein gewisser Grad an Talent nicht fehlen, denn das Rösten ist nach wie vor ein Handwerk, das viel Fingerspitzengefühl, Geduld und Geschick benötigt. Regelmäßige Proben während des Röstvorgangs ermöglichen das beste Ergebnis zu erzielen.

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Kaffeeröster überprüfen die gerösteten Bohnen anhand von Farbe und Geruch. | Foto: Tim Mossholder

Vor- und Nachteile des Berufs

Jeder Beruf weist seine Vor- und Nachteile auf – so ist es auch in dem Beruf rund um die Kaffeeröstung.

Ein großer Vorteil des Berufs ist es, dass die eigene große Liebe und Leidenschaft für das Produkt Kaffee ausgelebt werden kann. Als Kaffeeliebhaber taucht man vollständig in die Welt des Kaffees ein, entdeckt neue Kaffeesorten, untersucht die Herkunft des Kaffees und entwickelt mit Hilfe des Röstens neue Kaffeemischungen. Man schafft somit ein Endprodukt, in dem das ganze Kaffeewissen sowie langjährige Erfahrung vereint wird.

Andererseits kann der Beruf auch ziemlich anstrengend sein – besonders körperlich. Denn arbeitet man in kleinen Röstereien und nicht in größeren Industrieröstereien, die den Röstvorgang hauptsächlich computergesteuert koordinieren, gehört körperliche Arbeit zum Tagesgeschäft. Sprich: hier wird kräftig mit angepackt. Heutzutage werden bereits viele Arbeitsschritte in dem Beruf vereinfacht oder durch Maschinen vollständig übernommen, trotzdem müssen die schweren Kilo-Säcke Kaffee erst einmal zur Röstmaschine transportiert werden. 60-70 kg schwere Kaffeesäcke sind hier keine Seltenheit. Auch beim Röstvorgang selbst ist immer eine große Konzentration gefragt. Bei der direkten Arbeit an der heißen Röstmaschine dürfen der Fokus und die Aufmerksamkeit während des Röstvorgangs zu keinem Zeitpunkt vernachlässigt werden.

kaffeeröster müssen schwere kaffeesäcke tragen
Bei der Arbeit müssen Kaffeeröster bis zu 70 kg schwere Kaffeesäcke tragen. | Foto: Svitlana Hulko

Die Gehaltsmöglichkeiten für Kaffeeröster 

Eine genaue Gehaltsrange für den Beruf anzugeben ist gar nicht so leicht, denn wie in vielen Berufen sind hier mehrere Faktoren entscheidend, die das Gehalt festlegen. Dazu zählen z. B. Erfahrung, Größe der Rösterei oder natürlich auch die Auftragslage. Viele angehende Röster beginnen beispielsweise in Italien zunächst in den Röstereien mit einer Art Trainee-Programm und einem niedrigeren Einstiegsgehalt. Dieses verbessert sich im Laufe der Zeit mit mehr Erfahrung deutlich. Da der Kaffeeröster einen hohen Stellenwert in einer Rösterei innehat, ohne dessen Fachwissen kein perfektes Röstergebnis erzielt werden kann, wird ihnen laut Eleonora Bernini auch ein attraktives Gehalt geboten. Startet man selbstständig mit einer eigenen Rösterei durch, ist der Erfolg dieser ebenfalls von den verschiedenen Faktoren abhängig.

Das Rösten als Kunst verstehen 

Neben zertifizierten Kursen, die das nötige Fachwissen vermitteln, ist laut Eleonora Bernini vor allem die Erfahrung von Kaffeeröstern entscheidend, um in dem Beruf langfristig erfolgreich zu sein. In der Rösterei Mokaflor wird das langjährige Fachwissen an die jüngeren Generationen weitergegeben. Somit wird ermöglicht, dass angehende Kaffeeröster von der Erfahrung echter Kaffee-Spezialisten profitieren.

Zu Beginn starten Kaffeeröster zunächst an kleinen Röstmaschinen, um sich das Gefühl für das Produkt Kaffee anzueignen. Dabei hilft es, erfahrenen Röster bei ihrer Arbeit zuzusehen, ganz nach dem Motto: learning by doing. Denn für Eleonora ist das Kaffeerösten wie „eine Kunst und der Kaffeeröster wie eine Art Künstler“, durch die die Kaffeebohne veredelt wird.

Mit der Zeit wächst der Erfahrungsschatz. Durch viele verschiedene Röstungen wird der Blick für den richtigen Geruch, Farbe und Temperatur des Kaffees für ein perfektes Röstergebnis geschult. Für Eleonora Bernini ist dabei besonders der direkte Kontakt zum Kaffee essenziell. Auf diesem Weg sammeln Kaffeeröster Erfahrungen, denn Kaffee ist nach wie vor ein Produkt der Natur. Besonders die manuelle Fähigkeit, mit dem Kaffee zu interagieren, sowie die Nähe zum Produkt ist in ihren Augen enorm wichtig. Eleonora Bernini empfiehlt daher:

Man sollte von Anfang an so viele unterschiedliche Kaffeesorten verkosten wie möglich, um die verschiedenen Geschmacksnuancen und Aromen des Kaffees kennenzulernen.

Dieses Wissen hilft bei der Verkostung (auch Cupping genannt) des eigenen gerösteten Kaffees. Mit der Zeit verfeinert sich so der eigene Geschmackssinn immer weiter. Bei der Verkostung von Kaffee hilft das Coffee Taster’s Flavor Wheel (Aroma-Rad) der Specialty Coffee Association (SCA). Dieses teilt alle Aromen anhand von Oberkategorien auf. Anhand der Oberkategorien kann dann die Zuordnung feinerer Nuancen erfolgen.

aroma rad für die kaffee verkostung
Das Aroma-Rad hilft bei der Verkostung von Kaffee. | Foto: Nathan Dumlao

Kleine vs. große Röstereien

Die jeweiligen Aufgaben von Röstern unterscheidet sich je nach Größe der Rösterei. Während in kleinen Röstereien viel Wert auf die klassische Handarbeit im Trommelröster gelegt wird, kommen in industriellen Röstereien dagegen computergesteuerte Maschinen und die Heißluftröstung zum Einsatz. Hier herrschen andere Strukturen und die verschiedenen Arbeitsabläufe werden flächendeckender organisiert. Auch verhält sich der direkte Kontakt und die Nähe zum Kaffee hier anders als im Vergleich zu kleineren Röstereien. Die Kaffeeröster beobachten und koordinieren den Röstvorgang über die computergesteuerten Maschinen. Hier sind oft viel kürzere Röstzeiten möglich, in kleineren Röstereien wird dagegen noch auf längere Röstzeiten gesetzt.

Ein typischer Tag in der Kaffeerösterei Mokaflor

In der Rösterei Mokaflor in Italien ist ein sogenannter Roast Master für das Rösten des Rohkaffees zuständig. Dieser koordiniert das gesamte Röstverfahren und erhält dabei die Unterstützung durch ein bis zwei weitere Mitarbeiter, die ihm zuarbeiten. Unterstützung wird beispielsweise bei der Verteilung des gerösteten Kaffees durch verschiedene Rohre in die vorgesehenen Silos benötigt. In diesen kann der Kaffee gelagert werden und für mehrere Stunden ruhen.

Das Röstverfahren wird durch moderne Technik und Software gesteuert. Eine computergesteuerte Röstung ermöglicht es, eine gleichmäßige Röstung auf einem konstanten Qualitätsniveau zu halten. Die moderne Technik ist eine große Erleichterung für den Alltag in einer Kaffeerösterei und übernimmt viele kleine Arbeitsschritte. Neben dem täglichen Einsatz der Technik darf aber trotzdem die manuelle Arbeit sowie auch der direkte Kontakt zum Produkt nicht fehlen. Um das Gefühl für das Produkt nicht zu verlieren, müssen Proben entnommen werden, Farbe und Geruch der Kaffeebohnen genau überprüft sowie Verkostungen durchgeführt werden.

roast master bei der kaffeeröstung an der röstmaschine
Der Roast Master bei Mokaflor koordiniert das gesamt Röstverfahren. | Foto: Kaffeezentrale

Schon gesehen?

Wir haben bereits 2019 der Rösterei Mokaflor einen Besuch abgestattet und dort viele spannende Eindrücke sammeln dürfen. Diese wurden in einem Reisebericht festgehalten.

Bei Mokaflor ist die Röstung des Kaffees wie das „Baby“ des Roast Masters. In diesem ist das gesamte Herzblut sowie die Leidenschaft für den Kaffee vereint. Ein Röst-Zyklus bei Mokaflor dauert in der Regel 18-22 Minuten und umfasst 120 kg gerösteten Kaffee. Bei sehr hohen Betriebszeiten wird bis zu 20-mal am Tag und ca. 2.400 kg Kaffee geröstet. Ungefähr 36 verschiedene Kaffeesorten hat Mokaflor im Sortiment, die aus ca. 25 verschiedenen Herkunftsländern stammen. Jede Sorte wird einzeln geröstet und für 48-72 Stunden zum Ruhen in den sogenannten Silos (Aufbewahrungsbehälter für Kaffee) gelagert. Entstehende Gase können anschließend entweichen. Dieses Verfahren gewährleistet ein perfektes Geschmacksprofil. Abschließend wird aus mehreren Kaffeesorten ein Blend gemischt (ein Blend ist eine Bohnenmischung aus aller Welt).

Bei der Verkostung des gerösteten Kaffees erhält der Roast Master ebenfalls Unterstützung. Das liegt vor allem daran, weil die jeweiligen Geschmäcker bekanntlich verschieden und oft tagesformabhängig sind. Eine Verkostung durch mehrere Kaffee-Experten und der direkte Austausch garantiert eine gleichbleibende Qualität sowie ein gleichbleibendes Geschmacksprofil der Kaffeebohnen.

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