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Man trinkt ihn pur, mit Milch oder Zucker, und manchmal gibt es einen Keks dazu. Die Rede ist natürlich vom Kaffee – einem der beliebtesten Getränke der Welt. Wo, wann und vor allem wie Kaffee genossen wird, kann sich jedoch von Land zu Land stark unterscheiden. Deshalb nehmen wir Sie heute mit auf eine spannende Reise durch die Kaffeekultur verschiedener Länder!

Kaffeekultur in Deutschland: Tradition trifft Kapsel

Deutschland ohne Kaffee? Undenkbar! Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt hierzulande bei 167 Litern pro Jahr (Stand: 2022). Ob Zuhause, im Büro oder im Café – unsere Kaffeekultur ist allgegenwärtig.

Traditionell wird am liebsten Filterkaffee (schwarz oder mit Milch und/ oder Zucker) getrunken. Der wurde übrigens sogar in Deutschland erfunden – nämlich im Jahr 1908 von Melitta Bentz (mehr dazu hier: Die Filtermethode). Auch Cappuccino und Latte Macchiato sind bei den Deutschen sehr gefragt.

Neben der Filterkaffeemaschine erfreuen sich Vollautomaten sowie die unterschiedlichen Kapsel- und Padsysteme großer Beliebtheit. Eine Renaissance erfährt aktuell der Handfilter. Auch neue Filtersysteme, wie etwa vom japanischen Hersteller Hario, finden ihren Weg ins deutsche Zuhause.

Die italienische Kaffeekultur liebt es klassisch

Italien: die Perfektion des Espressos

Die erste Espressomaschine ließ sich im Jahr 1938 der Italiener Achille Gaggia patentieren. Er gilt als Wegbereiter des Espresso. Noch heute genießen italienische Espressomaschinen einen exzellenten Ruf. Neben dem Espresso trinkt man in Italien gern Cappuccino, Latte Macchiato, Lungo und Ristretto. Im Norden des Landes finden eher hellere, im Süden eher dunklere Röstungen Anklang. Zudem wird der Espresso immer konzentrierter, je weiter man in den Süden kommt.

Eine tragende Rolle spielt neben der klassischen Siebträgermaschine auch der Espressokocher (auch als Espressokanne, Caffettiera oder Moka bekannt). Er ist in nahezu jedem italienischen Haushalt zu finden. Entgegen des Namens lässt sich mit der Kanne allerdings kein Espresso zubereiten – wohl aber ein starker Kaffee.

Die meisten Italiener bevorzugen die traditionellen Zubereitungsarten und Getränke. Trotzdem gibt es auch ausgefallenere Kreationen – wie zum Beispiel den Espresso Romano (ein Espresso mit Zitronenscheibe, die den Geschmack verstärken und in Kombination mit dem Koffein gegen Kater helfen soll).

Österreich: die Wiener Kaffeehauskultur

Werfen wir einen Blick in unser Nachbarland Österreich. Hier wird eine besondere Kaffeekultur zelebriert. Diese ist durch jahrzehntelange Tradition geprägt. Taucht man ein in die spezielle Kaffeehauskultur, führt kein Weg vorbei an den klassischen Kaffeehäusern, die besonders in Wien zu finden sind. Betritt man eines der besagten Kaffeehäuser, spürt man eine ganz besondere Atmosphäre und: Marmortischchen, Thonetstühle und Kerzenleuchter so weit das Auge reicht. Hier wird der Kaffee nicht nur zelebriert, sondern die Kaffeehäuser gelten auch als lebendiger Treffpunkt, um mit Gleichgesinnten entspannt zu sinnieren und sich auszutauschen. Die Wiener Kaffeehauskultur zählt sogar seit 2011 offiziell zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.

Vor allem wird hier die typisch Wiener Röstung getrunken, die für einen speziellen Röstgrad der Kaffeebohnen bekannt ist. Die Bohnen werden über einen längeren Zeitraum auf bis zu 230 °C erhitzt. Durch den längeren Röstzeitraum entsteht eine mittlere, intensive Röstfarbe. Eine haselnussfarbene Bohne mit schokoladigem Geschmack und leichter Säure ist das Ergebnis. Die perfekte Grundlage für allerlei Wiener Kaffeerezepte, wie z. B. den Wiener Espresso, den Wiener Mokka oder die Wiener Melange.

in äthiopien steht die wiege des arabica-kaffees

Äthiopien: die Wiege des Kaffees

Äthiopien gilt als Heimatland der Arabica-Bohne. Kaffee wächst in Äthiopien überwiegend wild und gibt insgesamt rund 15 Millionen Menschen Arbeit. In Anbauregionen wie Harar, Sidamo und Yirgacheffe gedeihen hochwertige Arabica-Kaffees, die man in aller Welt schätzt.

Ein wichtiger Teil der äthiopischen Kaffeekultur ist die Kaffeezeremonie Buna. Man begeht sie in der Familie ebenso wie mit Freunden. Da Buna als Zeichen des Friedens gilt, ist es unhöflich, eine Einladung abzulehnen.

Für die Zeremonie wäscht man zunächst den Rohkaffee röstet ihn dann in einer Metallschale auf dem offenem Feuer oder einem Ofen. Oft wird beim Rösten auch Weihrauch mit unter die Kohle gegeben.

Im Anschluss werden die frisch gerösteten Bohnen mit einem Mörser zermahlen. Dann brüht man das Kaffeepulver mit heißem Wasser auf. Das geschieht in einer Jabana, einer traditionellen, bauchigen Kaffeekanne aus Ton mit einem schmalem Hals und einem gebogenem Ausguss.

Buna wird bis heute ausschließlich von Frauen zubereitet und umfasst immer drei Tassen Kaffee. Die erste wird Arbol, die zweite Ton und die dritte Bereka genannt. Die erste Tasse ist die kräftigste. Da die beiden folgenden Tassen aus dem in der Jabana verbliebenen Kaffeepulver gekocht werden, fallen sie wesentlich milder aus.

Der fertige Kaffee wir in kleinen, oftmals bunten Tassen serviert, in die zuvor Zucker gegeben wurde. Eingeschenkt wird der Kaffee aus einer Höhe von etwa 20 cm. In den Kaffee oder auf die Untertasse wird zur Zierde häufig ein Zweig des süß schmeckenden, äthiopischen Krauts Tenadam gelegt. Manchmal wird zur Buna Popcorn oder Kollo, ein geröstetes Getreide, gereicht.

kaffeekultur aus skandinavien

Skandinavien: Recht auf Kaffeepause und… Käse?

Im Norden Europas läuft ohne Kaffee gar nichts. Insbesondere nicht in Schweden und Finnland, denn das sind die beiden Länder, in denen weltweit am meisten Kaffee pro Kopf getrunken wird.

Die Hälfte des konsumierten Kaffees trinkten die Skandinavier auf der Arbeit. Die sogenannte ‚Fika‘, eine gemeinsame Kaffeepause, ist in den beiden Ländern eine soziale Institution und somit ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsalltags. Eine Fika dauert zwischen 15 und 45 Minuten und beinhaltet meist auch süßes Gebäck (Fikabröd). Im finnischen Büroalltag ist die Fika sogar rechtlich geschützt. Zweimal pro Tag stehen Angestellten hier je 15 Minuten Kaffeepause zu, die als Arbeitszeit gelten.

Da es in skandinavischen Ländern verpönt ist, tagsüber in eine Kneipe zu gehen, ist Kaffee mit Schuss, meist Wodka oder Aquavit, weit verbreitet.

In einigen Regionen Finnlands genießt man zudem eine Kaffeespezialität, die zunächst befremdlich klingt: Kaffee mit Käse. Man gibt dafür ein oder mehrere Stückchen des traditionellen Käses Leipäjuusto (Käse aus Rentier- oder Kuhmilch) hergestellt wird, in die Tasse. Dann wird der Kaffee eingeschenkt. Vor dem Trinken wird der Käse wieder entfernt. Der Kaffee hat nun einen besonders pikanten Geschmack.

kaffeekultur aus den USA

Kaffeekultur in den USA: ein Lifestyle

Eine ausgeprägte Kaffeekultur gab es in den USA lange nicht. Das änderte sich im Jahr 1971 schlagartig – mit der Gründung von Starbucks. Durch das Unternehmen entstand die moderne ‚Coffee Store‘-Kultur und Kaffee wurde in den USA zum Lifestyle-Produkt.

Das U.S.-amerikanische Unternehmen Starbucks hat den Coffee-to-go- groß gemacht (was auch immer man davon halten möchte) und bringt bis heute neue Kaffeetrends hervor. Generell haben viele In-Getränke ihren Ursprung in Amerika. Frappuccino, Nitro Coffee, Cold Brew und Bullet Proof Coffee sind hier nur einige Beispiele.

Ein Getränk, dessen Ursprung meist in USA vermutet wird, ist der Frappé. Er hat seine Heimat allerdings in Griechenland und Zypern. ‚Trügerisch‘ ist auch der Americano. Anders als der Name vermuten lässt wurde er nicht in den USA erfunden, sondern in Italien – allerdings von US-Soldaten.

kaffee aus brasilien

Brasilien: stark und brühheiß

Seit über 150 Jahren ist Brasilien der größte Kaffeeproduzent der Welt. Vier Milliarden der weltweit 15 Milliarden Kaffeebäume wachsen hier. Brasiliens Anteil an der Rohkaffeeproduktion betrug im Jahr 2018 ganze 36,7 % (auf Platz zwei folgt Vietnam mit 17,5 %).

Es ist wenig verwunderlich, dass sich in Brasilien eine ausgeprägte Kaffeekultur entwickelt hat. Eine große Bandbreite an verschiedenen Getränken gibt es jedoch nicht. Das Lieblingsgetränk der Brasilianer ist der Cafezinho (‚kleiner Kaffee‘). Dabei handelt es sich um einen kleinen, starken und sehr dickflüssigen Kaffee, ähnlich einem Espresso. Oft wird er mit viel Zucker und brühheiß in einem Zug getrunken wird.

Gäste werden in Brasilien immer auf einen Cafezinho eingeladen. Die Einladung abzulehnen, wird als Beleidigung aufgefasst. Die ‚Hora de cafezinho‘ (‚Kaffeezeit‘) ist nicht an eine bestimmte Tageszeit gebunden und wird nicht nur zu Hause, sondern auch Auswärts und in Restaurants begangen.

In den Wartebereichen von Behörden und öffentlichen Einrichtungen in Brasilien gibt es meist Thermoskannen. Meist sind es zwei: eine mit gezuckertem und eine mit schwarzem Kaffee.

kaffeekultur vietnam

Kaffeekultur in Vietnam: mit Joghurt und Ei?!

Asien bringt man eher mit Tee in Verbindung. Dabei ist Vietnam der zweitgrößte Kaffeelieferant der Welt! Hier wächst überwiegend Robusta.

Die Kaffeevorliebe der Vietnamesen lässt sich mit zwei Worten beschreiben: stark und süß. Die Zubereitung erfolgt mit Hilfe eines Kaffeefilters, der meist aus Edelstahl hergestellt ist und sich Phin nennt. Der Filter ist ein Tassenaufsatz, mit dem jeder Kaffee einzeln frisch zubereitet werden kann. Seine Funktionsweise gleicht der eines herkömmlichen Porzellanfilters.

Die Hauptzubereitungsart heißt ‚Ca phe sua da‘. Sie wird mit dem Phin und einer grob gemahlenen Robusta-Arabica-Mischung hergestellt. Aufgrund der heißen Temperaturen in Vietnam brüht man den Kaffee oft direkt über Eiswürfel auf. Anschließend gibt man dicke, süße Kondensmilch hinzu. Ohne Kondensmilch nennt sich die Variante ‚ca phe nau‘.

Eine beliebte Variation ist ‚Ca phe trung‘. Hierbei treffen reiner Robustakaffee, Kondensmilch, Zucker sowie ein aufgeschlagenes Eigelb aufeinander. Ebenfalls beliebt ist ‚Ca phe sua chua‘: mit Joghurt versetzter Kaffee.

Eine Besonderheit in Vietnam sind auch die verwendeten Kaffeearten. Neben den beiden üblichen, Arabic und Robusta, werden hier auch die Arten Catimor und Chari verwendet.

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